Donnerstag, 2. Dezember 2010

Gastbeitrag von Ingo-Hans Holz in der Börsenzeitung vom 2.12.2010: Wenn Core-Objekte zur Falle werden

Günstig kaufen, und teurer verkaufen - dass dies eine lohnende Investmentstrategie sein kann, leuchtet unmittelbar ein. Doch nicht wenige Immobilieninvestoren gehen den umgekehrten Weg - und sind sich dessen oft nicht einmal bewusst. Grund dafür ist die verbreitete Vorliebe für große Bürotürme in einer Spitzen-City-Lage, die oft als "Trophy-Immobilien" gehandelt werden. Ihr Kauf kann sicherlich einen Prestigegewinn bringen - ob er indes zu ökonomischen Vorteilen führt, ist allerdings fraglich.


Viele Immobilieninvestoren lassen sich noch immer - mitunter vielleicht auch unbewusst - von der Vorstellung leiten, eine Immobilie könne langfristig nur an Wert gewinnen. Ein Büroturm in 1-a-Lage erreicht sein Wert-Maximum allerdings bereits dann, wenn er gerade fertig gestellt und zum ersten Mal vermietet worden ist. Da das Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt mit inzwischen neu entstandenen und modernsten Standards entsprechenden Objekten konkurrieren muss, ist eine Nachvermietung in den seltensten Fällen wieder zu vergleichbaren Mietpreisen wie bei der Erstvermietung möglich. Dies schlägt sich dann im Multiplikator und in einem entsprechend niedrigeren Verkehrswert nieder. Soll das Gebäude weiterhin in der ersten Liga mitspielen können, sind beträchtliche Nachinvestitionen notwendig.


Unaufhaltsamer Verlust
Investoren sollten in diesen Fällen zumindest wissen, dass sie ihren Investitionsgegenstand auf dem Zenit seiner Wertentwicklung erwerben. Die Situation ist in gewisser Weise vergleichbar mit dem Kauf eines Neuwagens oder eines Computers: Auch hier kommt es zu einem unaufhaltsamen Wertverlust, der - wenn überhaupt - nur durch hohe Nachinvestitionen aufgefangen werden kann. Dass das erworbene Grundstück möglicherweise im Wert steigt, dürfte in den meisten Fällen angesichts der Relation zwischen Grundstückspreis und Investitionsvolumen des Gebäudes nur ein schwacher Trost sein. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Objekte handelt, die nur einen oder zumindest nur wenige Mieter haben: Diese gelten häufig auch wegen ihres vermeintlich geringen Verwaltungsaufwandes als Inbegriff der Core-Immobilie, obwohl gerade sie die heute oft beklagte Verwässerung des Begriffs "Core" anschaulich illustrieren. Die robuste Risikostruktur, die für ein Core-Investment konstitutiv sein sollte, weisen sie jedenfalls nicht auf.

Und wenn unter "Core" vor allem Investments in Gebäude hoher Qualität in 1-a-Lagen mit langfristigen Mietverträgen verstanden werden, dann greift dies sicherlich zu kurz. Eine solche Definition vernachlässigt wichtige Aspekte wie Streuung von Vermietungsrisiken und Nachnutzungsmöglichkeiten der Immobilie im Sinne einer echten Drittverwendungsfähigkeit, das heißt, nicht nur für andere Nutzer, sondern auch für andere Nutzungsarten unterschiedlichster Branchen.


Plötzlich Sanierungsfälle
Gerade die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass auch renommierte große Unternehmen scheinbar fast über Nacht zu Sanierungsfällen werden können. Für Gewerbeimmobilien-Vermieter bedeutet das: Auch ein Büromieter mit ursprünglich höchster Bonität kann durchaus binnen kürzester Zeit zahlungsunfähig werden, und spätestens dann wird ein vermeintliches Core-Objekt für den Investor schnell zum Problemfall, nicht zuletzt auch wirtschaftlich.

Eine Neuvermietung zu gleichen oder besseren Konditionen ist in aller Regel kaum möglich. Und für ein vergleichsweise teures Objekt in 1-a-Lage einen neuen der rar gesäten Höchstpreise zahlenden Mieter zu gewinnen ist per se schwierig und endet meist mit erheblichen Abstrichen beim Mietpreis und mit entsprechenden Aufwendungen für Incentives. Dabei macht es sich auch negativ bemerkbar, dass die Büro-Spitzenmieten im Vergleich zu den Mietpreisen in anderen Lagen spürbar stärkeren Schwankungen unterliegen.

Orientiert man sich an der Forderung nach einer langfristig robusten Risikostruktur, dann stellen gemischt genutzte Gewerbeimmobilien in B-Lagen für Core-Investoren oft die bessere Alternative dar. Die für diese Objekte typischen mittelständischen Mieter sind häufig standorttreuer und weniger mobil als Großunternehmen. Zudem können solche Immobilien eher auch für andere Nutzungsarten wie etwa Werkstätten oder Laboreinrichtungen umgewidmet werden, sodass hier tatsächlich eine echte Drittverwendungsfähigkeit vorliegt.

Börsen-Zeitung, 02.12.2010, Autor Ingo-Hans Holz, Geschäftsführender BEOS GmbH, Berlin, Nummer 233, Seite 2, 561 Worte

URL zum Artikel: http://www.boersen-zeitung.de/index.php?li=1&artid=2010233038